Nicht erst seit der Corona-Pandemie ist klar: unüberschaubare globale Lieferketten können zum Problem werden. Wir brauchen daher verbindliche Transparenz- und Sorgfaltspflichten für Unternehmen.
Beschäftigte in einer Textilfabrik in Dhaka, Bangladesch, Foto: Jürgen KretzWer kennt sie nicht, die Bilder von Fabrikunglücken in Pakistan oder Bangladesch? Wen von uns lassen Berichte über unzureichende Arbeitsbedingungen in Textilfabriken in Südasien, über Kinderarbeit auf Kakaoplantagen in Westafrika oder über den Abbau des Konfliktrohstoffs Coltan in Zentralafrika nicht empört, aber doch ratlos zurück?
Als Konsument*innen können wir Einfluss auf die Bedingungen in Produktionsländern nehmen. Doch nachhaltiger Konsum und freiwillige Ansätze der Unternehmensverantwortung reichen nicht aus. Daher kämpfe ich für verbindliche gesetzliche Regelungen, damit alle Produkte auf dem deutschen und europäischen Markt gemäß Umwelt- und Sozialstandards hergestellt werden. Ein deutsches Lieferkettengesetz wurde 2021 verabschiedet und trat 2023 in Kraft. Das ist ein wichtiger, aber nur ein erster Schritt, weshalb das Gesetz unbedingt nachgebessert werden muss: Die Zahl der von dem Gesetz betroffenen Unternehmen ist zu klein, es deckt nicht die gesamte Lieferkette sowie zu wenige Umweltaspekte ab und umfasst keine zivilrechtliche Haftung. Auch auf EU-Ebene steht die Finalisierung eines europäischen Lieferkettengesetzes kurz bevor. Beide Ebenen sind wichtig – wir brauchen starke gesetzliche Regelungen, die die gesamte Lieferkette und eine zivilrechtliche Haftung umfassen! Dafür braucht es einen starken Grünen Einfluss auf EU-Ebene.
Das Wort „Lieferketten“ hat mit den jüngsten Krisen auch geopolitisch an Relevanz gewonnen. Wenn Menschen in vielen Ländern keinen ausreichenden Zugang zu Impfstoffen haben, wenn auch bei uns die Versorgung mit Medikamenten ins Stocken gerät, oder wenn die Industrieproduktion wegen fehlender Zulieferteile stillsteht, dann bekommen „nachhaltige“ Lieferketten eine ganz neue Bedeutung. Denn nachhaltige Lieferketten sind auch resilienter, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Foto: koon boh Goh/PixabayMit den ILO-Kernarbeitsnormen, den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen sind wichtige Grundlagen gelegt.
Wer wie ich die Überreste der Textilfabrik Rana Plaza gesehen hat, die 2013 in Bangladesch eingestürzt ist, und kongolesische Minen besucht hat, in denen die Rohstoffe für unsere Handys und Elektroautos gefördert werden, für den ist klar: Diese Standards müssen verbindlich für den deutschen und europäischen Markt werden! Gleiche Spielregeln für alle sind auch zum Vorteil derjenigen Unternehmen, die schon längst daran arbeiten, nachhaltiger zu werden.